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Die Kaiserbäder, kilometerlange Sandstrände, urige Fischerdörfchen und mit dem Achterwasser ein perfektes Segelrevier: Auf Usedom findet jeder sein Ding. Ein Wochenende im Frühling auf der Ostseeinsel.
Vor zwei Jahren war ich das erste Mal zu einer Stippvisite auf Usedom. Im Anschluss an unseren Roadtrip durch Polen haben wir auf der Insel noch einen Zwischenstopp eingelegt. Die imposante Bäderarchitektur direkt am Meer stand schon lange auf meiner Reiseliste – und nach einem kurzen Spaziergang entlang der Strandpromenade war schnell klar: Wir müssen unbedingt nochmal wiederkommen. Das erste Blogger Camp auf Usedom war deshalb die perfekte Gelegenheit, Deutschlands zweitgrößte Insel intensiver zu entdecken.
Historisches Flair in den Kaiserbädern
Es ist ein Freitagnachmittag Ende April und wir sind unterwegs Richtung Vorpommersche Ostseeküste. Der Wetterbericht sagt für das Wochenende Regen voraus. Ich habe die Hoffnung aber noch nicht ganz aufgegeben, schließlich fahren wir in eine der sonnenreichsten Gegenden Deutschlands. Und tatsächlich: Nach der Fahrt über die Peenebrücke bei Wolgast empfängt uns die Sonneninsel Usedom mit blauem Himmel.
Unser erster Stopp ist Bansin, das kleinste der drei Kaiserbäder. Vorne an der Strandpromenade erinnern die historischen Bäderwagen an Zeiten, als auf Usedom die Berliner High Society zu Gast war. Und beim Blick zurück auf den Ort von der Seebrücke aus reihen sich an der Promenade die alten Strandvillen aneinander. Wir machen nach der langen Fahrt einen kurzen Abstecher zu Gosch – ein Stückchen Sylt hier ganz im Osten Vorpommerns. Und dann geht es direkt weiter Richtung Heringsdorf in unseren Heimathafen für diese Nacht. Das stylische Designhotel mit maritimen Flair hat vergangenen Sommer eröffnet und definitiv das Zeug zum Lieblingsort in der sonst eher klassischen Usedomer Hotellandschaft. Ausklingen lassen wir den Abend im Restaurant Bernstein bei einem leckeren Menü inklusive Ostseeblick.
Den Samstagmorgen nutzen wir dann für einen Bummel durch Heringsdorf. Der Ort ist das ältestes und wohl auch bekannteste der drei „Kaiserbäder“ auf Usedom. Ihren Namen tragen sie wegen der prominenten Gäste, die hier ab Ende des 19. Jahrhunderts ihre Sommer verbrachten. So entwickelte sich das kleine Fischerdorf schnell zu einem mondänen Seebad. Kaiser, Adelige und auch das wohlhabende Berliner Bürgertum – sie alle verbrachten damals die Sommerfrische am Heringsdorfer Strand.
Bäderarchitektur und ein Strandkorb in Heringsdorf
Die berühmte Bäderarchitektur der Gründerzeit und Prachtbauten wie die Villa Oechsler oder die Villa Oppenheim und die meist weißen Strandvillen direkt an der Promenade haben die Zeiten überdauert. Sie erinnern noch heute an die goldenen Jahre von Heringsdorf, als Kaiser Wilhelm II. rund um die Jahrhundertwende hier regelmäßig zu Gast war.
Heringsdorf hat aber noch mehr Highlights zu bieten. Der weiße, breite Sandstrand ist eines, die mit 508 Metern längste Seebrücke Deutschlands ein weiteres. Und dann steht da noch der wohl größte Strandkorb der Welt, hergestellt in der ältesten deutschen Strandkorbmanufaktur. Bis zu 70 Gäste haben darin Platz. Hergestellt wurde der XXL-Strandkorb in der Manufaktur Korbwerk, wo die beliebten Fotomotive bis heute von Hand geflochten werden.
Auch Künstler zog es damals wie heute nach Usedom, der bekannteste war der deutsch-amerikanische Maler Lyonel Feininger. Er hat die Insel in zahlreichen Bildern festgehalten. Im Rahmen einer Radtour kannst du heute seine Usedomer Inspirationsquellen nachfahren – ein 56 Kilometer langer Rundweg mit 40 Stationen, an denen insgesamt 80 Bilder entstanden sind. Wir schaffen nur ein kurzes Stück vorbei an der Villa Oechsler in Heringsdorf.
Auf der Europapromenade mit dem Rad nach Polen
Stattdessen geht es für uns heute auf der Europapromenade weiter Richtung Ahlbeck, das dritte und östlichste der drei Kaiserbäder. Die prunkvollen Villen mit ihren Erkern, Türmen und Ballustraden säumen den Radweg und geben einen Einblick in die Architektur des ausgehenden 19. Jahrhunderts. Von klassischer weißer Bäderarchitektur, über verwinkelte Holzhäuser bis hin zu Jugendstilfassaden findest du hier fast alle Stile.
Das Wahrzeichen von Ahlbeck und auch von Usedom ist die Seebrücke aus dem Jahr 1882. Direkt gegenüber liegt mit dem Ahlbecker Hof zudem eines der bekanntesten Hotels der Insel, wo sich bis heute Adel und Prominenz ein Stelldichein geben. Hier haben schon Österreichs Kaiser Franz Joseph I. und die schwedische Königin Silvia übernachtet. Und Usedom, das geht nicht ohne frischen Fisch – und hier in Ahlbeck gibt es gleich zwei Institutionen: Uwes Fischerhütte liegt direkt am Strand, Domkes Fischhus im ehemaligen Postgebäude in der Seestraße.
Wir radeln derweil weiter auf Europas längster Strandpromenade Richtung Polen. Über zwölf Kilometer führt sie von Bansin über Heringsdorf und Ahlbeck bis nach Swinemünde. Und hier am Strand, irgendwo zwischen Wald und Dünen, fühlt sich Europa wieder sehr real an: Mit dem Rad mal kurz zwischen den Ländern pendeln, lange schien das völlig undenkbar. Heute ist der Ausflug nach Świnoujście, wie der Ort auf Polnisch heißt, völlig normal. Hier kannst du den polnischen Teil der Insel erkunden und im Zentrum an der herausgeputzten Strandpromenade flanieren.
In Ahlbeck die Skulpturen aus Sand bewundern
Auf dem Rückweg machen wir in Ahlbeck noch einen kurzen Zwischenstopp auf dem Parkplatz am Grenzübergang. Usedom, das sind 42 Kilometer Sandstrand – und was man aus Sand so alles zaubern kann, das wird hier in der Sandskulpturen Ausstellung sichtbar. Die Ausstellung ist bereits die sechste Ausgabe und steht dieses Jahr unter dem Motto „Expedition Erde“. Noch bis November können die Besucher hier eine Zeitreise durch die Epochen der Erdgeschichte machen und einige moderne Kapitel bewundern.
25 internationale Künstler haben aus etwa 9.500 Kubikmetern Spezialsand rund 100 Figuren erschaffen. Hier triffst du auf Neandertaler, die frechen Pinguine aus dem Animationsfilm „Madagascar“, Koalas und Elefanten genauso wie Fuchs, Hase und Igel im deutschen Wald. Kinder kommen aus dem Staunen gar nicht mehr heraus – und so ist die überdachte Ausstellung auch perfekt für Regentage.
Ein kulinarischer Abstecher ins Achterland
Usedom, das sind aber nicht nur Sand, Strand und Meer. Die Insel hat auch im Hinterland, dem Achterland, wie es auf Plattdeutsch heißt, einiges zu bieten. Hier geht es deutlich ruhiger zu und du kannst am Achterwasser und entlang des Stettiner Haffs noch authentische Fischerorte wie Warthe und kleine Inseldörfer wie Mellenthin entdecken. Das Highlight dort ist das Wasserschloss Mellenthin von 1575. In der historischen Anlagen findest du heute neben einem Hotel und einem Restaurant auch eine Brauerei und in der ehemaligen Schlosskapelle Usedoms erste Kaffeerösterei.
Nur ein paar Kilometer weiter kannst du in Welzin am Stettiner Haff eine weitere Inselspezialität probieren. Steffen Schultze produziert hier in der Inselkäserei seinen Usedomer Inselkäse nach Schweizer Rezepturen. Besonders beliebt ist der Usedomer Jung, der drei Monate gereift ist. Auch wenn sie schon ein paar Jahre alt ist, ist die Inselkäserei immer noch ein Geheimtipp. Und kurz vor Schluss fühlt sich der Ausflug tatsächlich eher an wie eine Reise ans Ende der Welt. Aber keine Sorge: Am Ende der Straße steht tatsächlich die Inselkäserei und du kannst dich durch vier verschiedenen Usedomer Originale probieren.
Und wenn du schon mal hier in der Ecke bist, kannst du im Anschluss noch einen Abstecher nach Stolpe machen. Das 1251 erstmals urkundlich erwähnte Schloss Stolpe war Stammsitz der Grafen von Schwerin. Mitte der 90er wurde es vor dem langsamen Verfall gerettet und behutsam renoviert. Im Restaurant Remise nebenan kannst du dich mit den Pommern Tapas nach dem kurzen Spaziergang durch die Spezialitäten der Insel probieren.
Abendessen im Heringsdorfer Strandcasino
Für uns geht es zum Abendessen aber zurück nach Heringsdorf. Im historischen Strandcasino von 1897 schafft das Modelabel Marc O’Polo die moderne Verbindung zwischen Einkaufen und Essen. Unten kannst du dich durch die aktuelle Kollektion probieren, oben durch die regionalen Spezialitäten. Im O’Room gibt es Fine Dining, im Vino‘ trifft man sich zum Winetasting und das zentrale O’ne interpretiert die regionale Küche neu.
Ein spannendes Konzept, das es nicht nur auf Usedom so kein zweites Mal gibt. Vom Usedomer Fischeintopf über die Usedomer Wildboulette bis zum Spargel aus der Region bietet die Karte moderne Einblicke in die Küche der Insel. Und auch das coole Ambiente bietet eine gelungene Abwechslung zur sonst oft eher klassischen Einrichtung der Heringsdorfer Restaurants.
Ausblick und Einblick in die Ostsee in Zinnowitz
In den Sonntag starten wir nach dem Frühstück in Karlshagen und Zinnowitz. Hier im Westen der Ostseeinsel geht es ruhiger zu als in den bekannten und beliebten Kaiserbädern. Der weiße Sandstrand ist aber auch hier ein Traum und beliebt bei Familien mit Kindern. Und nicht nur für die hat Zinnowitz direkt an Strandpromenade und Seebrücke gleich zwei Attraktionen im Angebot. Einmal geht es hoch hinaus und dann tief hinab Richtung Meeresgrund.
Im Ostsee-Lift-Café geht es immer zur vollen Stunde 25 Meter nach oben. Dann kannst du einen Blick auf das Städtchen mit seiner Bäderarchitektur, die Ostsee und den Strand werfen. Und sogar heiraten kann man in luftiger Höhe auf der in Deutschland einzigartigen Plattform.
Nicht weniger spannend ist die Fahrt mit der Tauchgondel am Ende der 315 Meter langen Vineta-Brücke. Eine knappe Dreiviertel Stunde lang kannst du hier in viereinhalb Metern Tiefe in die Unterwasserwelt der Ostsee eintauchen. Inzwischen gibt es auch auf Rügen, in Grömitz und Zingst eine Tauchgondel, hier in Zinnowitz steht aber das Original.
Erdbeeren und frischer Fisch in Koserow
Von Zinnowitz geht es dann weiter Richtung Koserow, vorbei an Lüttenort, die schmalste Stelle Usedoms. Hier ist die Insel nur 300 Meter breit und das Achterwasser nur noch durch ein schmales Stück Land von der Ostsee getrennt. In Koserow steht die Usedomer Dependance von Karls. Die Geschichte des Erdbeerhofs ist eine Erfolgsstory wie man sie eigentlich nur aus dem alten Amerika kennt. Und nicht umsonst ist die Erlebniswelt bei kleinen und großen Gästen beliebt. Während die Kleinen draußen die meist kostenlosen Attraktionen und Spielangebote nutzen, können die Großen drinnen einkaufen. Für frische Erdbeeren ist es leider noch etwas früh, aber zumindest ein Glas frisch gekochte Marmelade kommt in den Einkaufskorb.
Und dann geht es direkt weiter Richtung Seebrücke. Hier liegen einige Fischerboote am Strand – und tatsächlich wird in Koserow noch frischer Fisch gefangen und unter anderem in der Koserower Salzhütte traditionell geräuchert. Und selbst wenn du gerade keinen Hunger auf Fisch hast, ist das urige Ensemble alter Fischerhütten sehenswert.
Um den frisch gefangenen Fisch haltbar zu machen, errichteten die Koserower Fischer hier um 1820 die ersten Hütten zur Lagerung von Salz. In unmittelbarer Nähe zum Strand gelegen, wurden diese mehrfach bei Sturmfluten zerstört, aber etwa um 1900 herum wieder aufgebaut. Heute stehen sie unter Denkmalschutz.
Mit dem Zeesenboot übers Achterwasser
Zum Fischfang auf dem flachen Achterwasser waren Usedoms Fischer früher mit so genannten Zeesenbooten unterwegs. Nur zwei sind noch erhalten – und mit der „Romantik“ kannst du vom Krumminer Naturhafen aus in See stechen. Im Sommer ist die Hafenterrasse direkt vorne am Wasser übrigens eine tolle Location für einen entspannten Drink in der Sonne. Und das ist immer noch ein Geheimtipp, denn den Weg durch die von Linden gesäumte Allee Richtung Krummin finden nur die wenigsten Touristen. Wer einmal angekommen ist, kann aber direkt bleiben und in einer der schwimmenden Suiten auf dem Wasser übernachten – Sauna und Seeblick inklusive.
„Bis in die 60er Jahre war die ‚Romantik‘ als Fischerboot im Einsatz“, erzählt uns Skipperin Rika Harder. Ihr Vater hat den inzwischen fast 100 Jahre alten Zweimaster dann 1974 gekauft. Heute segelt sie mit dem historischen Arbeitssegler die Besucher von der Krumminer Wiek über den Peenestrom bis in Usedoms Achterwasser. Rikas Haut ist von Wind und Wetter gegerbt. Und wenn sie am Ruder sitzt und davon erzählt, wie sie mit dem Zeesenbootsegeln dafür sorgt, dass das historische Schiff und das traditionelle Segeln auch auf Usedom weiterleben, dann merkt man, das da ganz viel Herzblut drinsteckt.
Herzblut steckt auch im Gartencafé Naschkatze unweit der Dorfkirche. Hier haben Peter Jezek und Gesine Mächling ein verwunschenes Gartenidyll geschaffen, mit vielen kleinen Details und Sitzecken, um in der Sonne den selbstgebackenen Kuchen zu genießen. Für uns geht das Wochenende auf Usedom langsam aber sicher zu Ende, eines steht allerdings schon fest: Wir haben noch lange nicht alles gesehen und werden sicher wiederkommen.
Praktische Tipps
Usedom ist ein tolles Ziel für ein spontanes Wochenende am Meer oder den Urlaub am Strand. Aus der Hauptstadt bist du mit dem Auto in knapp drei Stunden an der Ostsee, aus Hamburg sind es dreieinhalb Stunden. Aus dem Süden und Westen gibt es verschiedene Flugverbindungen nach Usedom. Als Alternative zum Auto bietet sich auf der Insel die Usedomer Bäderbahn an oder du nutzt das Fahrradleihsystem UsedomRad mit seinen über 130 Stationen bis inkl. Swinemünde. Du kannst dir auf der Insel aber auch einen Mietwagen nehmen. Zum Übernachten empfehle ich das Hotel Heimathafen in Heringsdorf. Noch mehr Ausflugstipps, Veranstaltungshinweise oder Übernachtungsmöglichkeiten findest du bei Usedom Tourismus.
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Für die Recherche zum Artikel war ich Ende April im ersten Blogger Camp auf Usedom zu Gast. Vielen Dank dafür an Usedom Tourismus! Meine Meinung ist wie immer unabhängig.
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